Heinrich Krobbach und Bücher
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Tom Coraghessan Boyle (USA): Das Licht

Verlag
Carl Hanser München
Jahr
2019
Seiten
384
ISBN
3446261648
Genre
Roman
Land
USA

Fitz und Joanie leben zu Beginn der 1960er Jahre in Harvard in finanziell beengten Verhältnissen. Sie hat ihr Studium bei der Geburt ihres Sohnes Corey aufgegeben und nun nur schlecht bezahlte Jobs. Er ist Schulpsychologe und promoviert bei Prof. Timothy Leary. Dieser propagiert den Einsatz von LSD in psychologischer Therapie (soweit übrigens der reale Hintergrund) und beginnt mit seinen Studenten und Anhängern immer intensiver werdende Selbstexperimente. Mehr und mehr zieht es auch Fitz und Joanie in den inneren Kreis um Tim. Doch schon der Sommer in Mexiko, den die etwa 25 Anhänger (inkl. Kinder) gemeinsam in einem Hotel verbringen (und der mit der Ausweisung durch die Polizei endet), zeigt, dass es kaum noch um Forschung geht. Die kollektive Selbsterfahrung zielt auf die Überwindung bürgerlich-individueller Lebenskonzepte und die Entwicklung einer kollektiven Gruppenidentität. In Millbrook wurde Tim ein riesiges Anwesen überlassen, in welchem alle nun gemeinsam wohnen, rauschende Drogen-Partys feiern und mit obskuren Selbsterfahrungsseminaren für Externe Geld verdienen. Doch das Ehepaar wird auf eine schwere Probe gestellt, als Fitz immer mehr den Realitätsbezug verliert und sich in die junge Lori verliebt. Joanie reagiert mit Eifersucht und verlässt schließlich mit Corey die Kommune.

Also alles nicht so einfach mit der Überwindung der bürgerlichen Dispositionen (des „Set“, wie Leary sagen würde). Man muss dieser Sturm- und Drangzeit der Psychologie zu Gute halten, dass sie aus den lebensfremden Gefängnissen der Skinnerschen Verhaltenspsychologie (mit ihren Ratten-, Affen- und Menschenexperimente) ausbrechen wollten. TC Boyle beschreibt einleuchtend die Auswirkungen, wenn die Überwindung überkommener Wissenschaft nicht zu neuen Reflexionsformen, sondern zur Absolutheit unmittelbaren Erlebens (und das noch im Rausch) führt. Fitz steht für die Hilflosigkeit, Joanie für die Widerständigkeit des Individuums, wenn es allzu sehr über einen – welchen Kamm auch immer geschoren werden soll. Sprachlich sind die Geschichte und die Protagonisten meisterhaft in Szene gesetzt. Ob Landschaft, Wetter oder Gefühlslagen – alles stand mir beim Lesen in kräftigen und farbigen Bildern vor dem inneren Auge.

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