Heinrich Krobbach und Bücher
Heinrich Krobbach und Bücher


Elfriede Jelinek (Österreich): Die Klavierspielerin

Verlag
Rowohlt Reinbek
Jahr
1983
Seiten
285
ISBN
3499158124
Genre
Roman
Land
Österreich

Erika Kohut, Mitte 30, wird von ihrer Mutter zu einer Karriere als Pianistin gedrängt, schafft es jedoch nicht. Nun arbeitet sie als Klavierlehrerin am Wiener Konservatorium, ohne weitere Perspektive, zumindest was ihre Größenvorstellungen und die ihrer Mutter betrifft. Erika wird von ihrer Mutter unter tyrannischer Aufsicht gehalten. Keine Aktivität, keine Bekanntschaft, die nicht von der Mutter kontrolliert und meistens verhindert wird. So liest sich der Roman über weite Strecken wie die psychoanalytische Inszenierung einer Mutter-Tochter-Beziehung, die nicht von Liebe und Wachstum, sondern von narzisstischer Besetzung und Kälte bestimmt ist. Einleuchtend, dass Erika deshalb aus diesem Gefängnis nicht ausbricht. Vielmehr treibt sie ihre Angst vor echter Beziehung entweder zu schmuddeligem Voyeurismus oder wieder in die Arme der Mutter. Einleuchtend auch, dass Erika ihre Mitmenschen und besonders ihre Schüler/innen herab lassen und erniedrigend behandelt. Einleuchtend auch das letzte I-Tüpfelchen, dass Erika nur wirkliche Empfindungen hat, wenn sie sich mit der Rasierklinge im Intimbereich blutig ritzt. Als dann der Student Walter Klemmer mit Beharrlichkeit um sie wirbt, kann sie dies weder liebend annehmen noch zurück weisen. Die emotionale und sexuelle Katastrophe nimmt ihren Lauf.... Einfach stark, wie Elfriede Jelinek mit kräftigem Sprachpinsel und Eindringlichkeit ungestüme Körperlichkeit und Gefühlswogen zeichnet. Man fühlt mit, ist mittendrin - angezogen von der Sprache und zugleich abgestoßen vom Geschriebenen.

Text drucken

Weitere Bücher ansehen

Möchten Sie über neue Rezensionen sofort per Mail informiert werden?
Dann melden Sie sich an zum Newsletter von Heinrichs Bücherstube