Heinrich Krobbach und Bücher
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John Ironmonger (Groß-Britannien): Der Wal und das Ende der Welt

Verlag
Fischer Frankfurt
Jahr
2020
Seiten
480
ISBN
3596704197
Genre
Roman
Land
Groß-Britannien

Im englischen Küstendorf St. Piran wird ein nackter Mann bewusstlos am Strand gefunden. Er kam nachts an, ging ins Meer schwimmen, wurde abgetrieben, aber dann von der Welle eines Wals ans Ufer gespült. Gerade genesen sieht Joe Haak (so heißt der Mann), dass der Wal am Ufer gestrandet ist, mobilisiert das Dorf und gemeinsam schieben die Menschen den Wal wieder zurück ins Meer. Joe war Analyst bei einer Investmentbank in der Londoner City und hatte eine Software entwickelt, die mit künstlicher Intelligenz den Einfluss weltweiter Ereignisse auf die Börse vorhersagt und damit das Kerngeschäft der Bank, Leerverkäufe von Aktien, unterstützt. Nach einem katastrophalen Verlust von 300 Millionen Pfund flüchtet Joe, der sich verantwortlich sieht nach St. Piran. Als er beschließt, dort zu bleiben, und sich mit den Einwohner*innen anfreundet, muss er erfahren, dass hier andere Regeln für das menschliche Zusammenleben gelten als in der Finanzwelt der City of London. Besonders dann, als das Dorf wegen einer weltweiten Grippe-Epidemie, abgeschnitten von Strom- und Wasserversorgung, ums Überleben kämpfen muss.

Das ist wohl der Kern der netten Geschichte. Handeln Menschen aus purem Egoismus und bestimmt ausschließlich dies ökonomische und auch gesellschaftliche Aushandlungsprozesse? Oder sind Mitmenschlichkeit und Solidarität die eigentlichen Triebkräfte? Oder ist erstere für notwendig für ökonomischen Erfolg und Profit und die zweite Triebkraft dann gefragt, wenn die erste in die Katastrophe geführt hat? Joe schwankt zwischen beiden Modi hin und her, und es muss erst sein väterlicher Ober-Chef der Bank kommen, um ihm intellektuell-ethisch auf die Sprünge zu helfen. Jenseits seiner Software-Entwicklung ist Joe aber auch ein wahrhaft schlichtes Gemüt – besonders in seiner völligen Naivität gegenüber Frauen. So ein Homo Oeconomicus als Anti-Held im richtigen Leben – so liest es sich in der Tat als nette Geschichte.

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